Kurze Antwort: Ja! Grundsätzlich ist jede Messe eine Reise wert, alleine schon deshalb, weil man neue Inspirationen sammeln, neue Menschen kennenlernen und den eigenen Horizont erweitern kann. Die MIDO punktet zusätzlich mit extravaganter Brillenmode, die keine Grenzen kennt, sowie natürlich mit ganz viel Dolce Vita!
Spätestens wenn man an der Station "Rho – Firea Milano" aus der U-Bahn steigt, weiß man, dass Mode eines der zentralen Themen auf der MIDO ist. Die italienischen Augenoptiker schaffen es einfach perfekt, dass man selbst als halbwegs modisch gekleideter deutscher Augenoptiker ziemlich "underdressed" wirkt – zumindest hat mich dieses Gefühl den ganzen Tag über verfolgt.
Was unterscheidet die MIDO von der OPTI?
Die MIDO ist deutlich größer als die OPTI und wartet mit 7 Hallen auf. Ähnlich wie auch die OPTI in München sind die Hallen thematisch gut sortiert und auch farblich in die Bereiche "Fashion", "Technik" und "East" unterteilt. Die Bezeichnung "East" ist dabei eine schöne Umschreibung für "Asiaten-Halle". Für einen normalen deutschen Augenoptiker sind diese beiden Hallen eigentlich uninteressant, denn hier reiht sich ein asiatischer Anbieter an den anderen und Brillen werden hier in der Regel nur in 100er-Paketen zum Kauf angeboten. Dennoch lohnt sich bei einem ersten Besuch der MIDO ein kurzer Sprint durch die Hallen, alleine schon um einmal live zu sehen, wie viele Hersteller von Brillenfassungen es alleine in Asien gibt.
Die Musik spielt aber nicht nur sprichwörtlich vor allem in den "Fashion"-Hallen. Hier findet man natürlich auch die Großen der Branche, die auch dem deutschen Augenoptiker ein Begriff sein dürften: EssilorLuxottica, Menrad, Eschenbach, Safilo und auch kleinere Hersteller wie Etnia Barcelona, ic! Berlin oder Andy Wolf. Wer aber auf der MIDO ist, sollte sich vor allem mit den kleineren Brillenmanufakturen beschäftigen, die sich um die Großen herum aufreihen. Hier gibt es viele Brillenmanufakturen, die man auf der OPTI in München nicht findet und natürlich auch genau die Brillen, die man von einer echten Fashion-Messe erwartet – die Brillen, die in Deutschland eigentlich nur Optiker selbst tragen.
Wenn man durch die Gänge zieht, dann schwankt man eigentlich immer nur zwischen "geile Brillen" und "wer soll denn bitte sowas tragen", denn Understatement sucht man gerade bei den kleineren Labels häufig vergeblich. Da wirkt so manche Kollektion von Face á Face, WOOW und Etnia Barcelona die wir als deutsche Optiker häufig im Kontext von "modischen" oder "mutigen" Brillen nennen, vergleichsweise etwas blass. Aber wird sind eben auf einer italienischen Messe und nicht auf einer typisch deutschen.
Apropos "typisch deutsch": Natürlich sind auf der MIDO auch viele Anbieter optometrischer Geräte und verschiedener Brillengläser zu Gast. Aber auf der OPTI sind die Messestände der namhaften Hersteller häufig erste Anlaufstelle für Augenoptiker und entsprechend immer gut gefüllt. Auf der MIDO ist das anders: Die Messestände sind nicht nur deutlich kleiner als auf der OPTI, sie sind auch deutlich weniger frequentiert. Wo sich in Deutschland lange Schlangen vor Schleifautomaten, Refraktionseinheiten oder anderen technischen Geräten bilden, ist das Interesse auf der MIDO hierfür deutlich zurückhaltender. Es wirkt fast so, als gäbe es für den italienischen Augenoptiker nur Brillenfassungen, Brillenfassungen und ... Brillenfassungen. Achja und auch die Kontaktlinse muss man schon mit der Lupe suchen, um Sie auf der MIDO zu finden. Die Großen der Branche, die in diesem Jahr auch wieder zu Gast waren auf der OPTI, sucht man auf der MIDO häufig vergeblich.
Die MIDO konzentriert sich klar auf Mode. Und – ganz ehrlich – das erwarte ich auch als MIDO-Besucher, denn schließlich sind wir hier in Mailand!
Und dann ist da noch EssilorLuxottica: Es ist einfach unglaublich, was die Italiener auf ihrer Hausmesse aufgefahren haben. Nach 20 LED-Screens habe ich aufgehört zu zählen. Messestände in solcher Größe findet man eigentlich in Deutschland nur auf Bau-, Auto- oder Sportmessen. Ebenso unglaublich ist es, wie viele Menschen sich bei EssilorLuxottica den ganzen Tag über tummeln. Von Zurückhaltung oder gar Skepsis angesichts der Marktdominanz kann hier auf beiden Seiten keine Rede sein. Die Optiker feiern EssilorLuottica und EssilorLuxottica feiert sich.
Aber auch bei EssilorLuxottica beschäftigt man sich in erster Linie mit Brillenfassungen und den vielen tollen Brands, die von den Architekten des Messeauftritts perfekt in Szene gesetzt wurden. Man kann einfach nur "Wow!" sagen. Aber als deutschen Augenoptiker vermisst man mehr oder weniger das Thema Brillenglas, optometrische Instrumente und Schleifautomaten. Natürlich gibt es die auf dem Stand, aber gefühlt ist nicht einmal jeder 10. Quadratmeter für diese Themen reserviert.
FAZIT: Die OPTI ist und bleibt die "Nummer 1" für deutsche Augenoptiker – insbesondere wenn es um die eher technischen und optometrischen Aspekte geht. Aber: Wer einmal krasse Brillenmode erleben möchte und wirklich wissen will, was auf den Laufstegen in der Welt so getragen wird, der ist auf der MIDO goldrichtig.
REISE-TIPP FÜR ALLE, DIE ES ABENDS GERNE ETWAS RUHIGER HABEN Grundsätzlich empfehle ich – wenn Sie das erste Mal auf der MIDO sind – auch ein paar Tage Mailand selbst zu genießen. Wenn Sie aber Mailand schon kennen, Sie teure Hotelzimmer scheuen und vor allem dem Trubel einer Metropole aus dem Weg geben möchten, machen Sie es so wie ich und übernachten Sie am Gardasee. Ja, Sie haben richtig gehört: am Gardasee! Mit dem Frecciarossa (das ist der italienische ICE) sind Sie ohne Umstieg in 75 Minuten von Peschiera del Garda – einer kleine Stadt am rechten unteren Ende des Gardasees in der Nähe von Verona – direkt auf der MIDO. Am Gardasee ist um diese Zeit "tote Hose" und – wenn Sie etwas Glück haben mit dem Wetter – können Sie Ihren Aperol Sprizz dort auch schon im Freien genießen. |