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Mehrbrille. Reine Kopfsache!

Geschrieben von Bastian Schnuchel | 11. April 2024

Mehrbrille. Mehr Brille. Kaum ein anderes Thema wird von allen Glaslieferanten in der Augenoptik so gepusht wie das Thema Mehrbrillen- oder Zusatzbrillenverkauf. Und obwohl sich alle quasi einig sind, so ist es doch zu beobachten, dass einige Augenoptiker sehr erfolgreich im Verkauf von Mehrbrillen sind und andere nicht. Im Auftrag des SPECTARIS Trendforums 2023 haben wir uns gemeinsam mit der EURONET Software AG auf die Suche nach dem „heiligen Gral“ gemacht, also auf die Suche nach dem einen Erfolgsfaktor in Sachen Mehrbrillenverkauf.

Dazu haben wir die Daten von mehr als 800 Augenoptikern der letzten zehn Jahre ausgewertet. Knapp sechs Millionen Endkunden mit gut 18 Millionen Brillenaufträgen wurden dabei unter die Lupe genommen. Die Daten stammten unter anderem von 407 Augenoptikern, die unser auf künstlicher Intelligenz basiertes Analyse- und Marketingtool eyeqube® nutzen. Natürlich wurden alle Datensätze anonymisiert und selbstverständlich innerhalb der gültigen Datenschutzrichtlinien verarbeitet.

Die Entwicklung der Mehrbrillen-Quote in den letzten zehn Jahren stand als erstes auf dem Prüfstand. Das Ergebnis: Der Anteil der verkauften Mehrbrillen (Stück) hat sich von 2014 mit durchschnittlich 19 % zum Jahr 2023 mit 23 % leicht positiv entwickelt. Man kann also sagen, dass knapp jede vierte bei unabhängigen Augenoptikern verkaufte Brille eine Mehrbrille war.

Im nächsten Schritt haben wir uns die Rahmenbedingungen der einzelnen Augenoptiker angesehen, also die Frage, ob Augenoptiker auf dem Land erfolgreicher sind als Augenoptiker in der Stadt oder ob die Umsatzklasse des Augenoptikers Einfluss auf die Mehrbrillen-Quote hat. Die Antwort ist ganz einfach: Sowohl Standort als auch Umsatzgröße – global betrachtet – haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Mehrbrillen-Quote. Auch wenn es im Einzelfall natürlich große Unterschiede gab.

Ein bisschen anders sieht es bei den Regionen aus. Unterteilt in die vier Himmelsrichtungen ist festzustellen, dass Augenoptiker im Süden Deutschlands mit durchschnittlich 24 % Mehrbrillen-Quote deutlich mehr Mehrbrillen verkaufen als im Norden mit durchschnittlich 20 %. Gleichzeitig erkennt man an den Daten auch einen Unterschied zwischen dem Westen Deutschlands mit 22 % und dem Osten mit 19 %. Übrigens: Das gilt im Allgemeinen auch für die erzielten Durchschnittspreise. Auch hier sind der Süden und der Westen der Republik stärker als der Norden und Osten.

Neben den regionalen Unterschieden konnten im Rahmen der Auswertung auch saisonale Unterschiede ausfindig gemacht werden. So ist der Anteil an Mehrbrillen im Frühling (März – Mai) und Sommer (Juni – August) mit 23 % deutlich höher als im Herbst (September – November) mit 20 % und im Winter (Dezember – Februar) mit 21 %. Das war zu erwarten, da der Großteil der verkauften Mehrbrillen Sonnenbrillen sind und hier einfach die Nachfrage in den wärmeren Monaten deutlich größer ist als in der dunklen Jahreszeit [Abb. 3].

Zu guter Letzt wurde dann noch analysiert, ob es einen Unterschied bei der Mehrbrillen-Quote in Abhängigkeit vom gewährten Mehrbrillen-Rabatt gibt. Und ja, hier gibt es – global betrachtet – den größten Unterschied. Augenoptiker, die keinen Mehrbrillen-Rabatt gewährten (auch diese Kolleginnen und Kollegen gibt es) bilden zwar mit (nur) 21 % Mehrbrillen-Anteil das Schlusslicht, aber immerhin ist auch bei diesen Augenoptikern gut jede fünfte verkaufte Brille eine Mehrbrille. Bei einem Mehrbrillen-Rabatt von 25 % auf den Verkaufspreis der Brillengläser steigt der Anteil der Mehrbrille dann leicht auf 22 %, gefolgt von 23 % Mehrbrillen-Quote bei einem Preisvorteil für die Kunden in Höhe von 50 %. Übrigens: Der Mehrbrillen-Rabatt von 50 % – also ein Glas geschenkt – ist der am weitesten verbreitete Mehrbrillen-Rabatt in der Branche.

Auf Platz 1 mit etwas über 25 % Mehrbrillen-Quote liegen die Augenoptiker, die ihren Kunden mehr als 50 % Preisvorteil auf die Brillengläser gewähren. Diese Augenoptiker arbeiten häufig mit Paketpreisen oder „besonderen Angeboten“ ihres Glaslieferanten, wie es z. B. Essilor seinen Kunden im Rahmen von „MehrbrillePlus“ anbietet.

Ein hoher Rabatt hilft einem schlechten Verkäufer!

 

Zwischenfazit: Ja, es gibt im Einzelnen große Unterschiede in der Mehrbrillen-Quote. Allgemein gesprochen kann man aber bei Lage, Standort, Umsatzgröße und Jahreszeit so gut wie keine Unterschiede feststellen. Beim gewährten Mehrbrillen-Rabatt sieht die Sache anders aus. Hier war zu erwarten, dass ein höherer Rabatt in der Regel zu einem höheren Absatz führt. Nicht immer aber auch zu einem höheren Deckungsbeitrag. Denn ganz klar gilt: Je höher der monetäre Vorteil für den Endkunden, desto weniger verkaufsstarke andere Argumente sind für den Verkauf notwendig. Oder anders gesagt: Ein hoher Rabatt hilft einem schlechten Verkäufer!

Soweit so gut. Doch was machen Augenoptiker mit einem besonders hohen Mehrbrillen-Anteil (> 30 %) anders als Augenoptiker mit einem durchschnittlichen oder geringeren Mehrbrillen-Anteil. Da wir in den Daten selbst keine Anhaltspunkte dafür finden konnten, sind wir mit den TOP 10 unserer Mehrbrillen-Kunden in den persönlichen Austausch gegangen und haben die einfache Frage gestellt: „Worin liegt denn Ihr Geheimnis?“ Die Antworten darauf waren vielfältig. Im Infokasten rechts finden Sie einen kleinen Auszug daraus.

Sie sehen: Selbst hier gibt es nicht das eine glückselig machende Rezept. Viele Augenoptiker kombinieren unterschiedliche Tools. Die einzigen beiden Dinge, die alle erfolgreichen Mehrbrillen-Augenoptiker vereinen, sind eine hohe Motivation  des Inhabers sowie eine konsequente Umsetzung jedes einzelnen Mitarbeiters. Denn die Toolboxen – wie z. B. unser Mehrbrillen-orientiertes Sehprofil – die Augenoptikern von allen Seiten zur Verfügung stehen, sind groß. Am Ende des Tages geht es nur darum, die passenden Werkzeuge zu finden und sie auf die individuellen Anforderungen des eigenen Unternehmens anzupassen. Erfolg kommt eben leider nicht von ganz alleine, sondern ist in der Regel das Ergebnis kluger Entscheidungen.

Fazit: Statistisch gesehen gibt es kaum äußere Umstände, die einen erfolgreichen Mehrbrillen-Augenoptiker von einem weniger erfolgreichen unterscheiden. Das Argument „bei uns funktioniert das nicht, weil die Menschen sind bei uns so besonders“ zieht eindeutig nicht. Denn auch in strukturell schwächeren Umgebungen sind hohe Mehrbrillen-Quoten möglich. Mehrbrillen-Erfolg ist also reine Kopfsache!