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Hörgeräte & Geschenke: Was ist erlaubt, was nicht?

Geschrieben von Bastian Schnuchel | 31. Oktober 2024

In der Hörakustikbranche sind Kundenbeziehungen und Kundenservice das A und O, um Vertrauen zu schaffen und langfristige Bindungen aufzubauen. Doch gerade bei der Werbung für medizinische Produkte wie Hörgeräte gibt es strenge gesetzliche Regelungen. Hörakustiker müssen besonders vorsichtig sein, wenn es darum geht, den Verkauf ihrer Produkte durch Geschenke oder zusätzliche Anreize zu fördern. Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) legt hier klare Richtlinien fest, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten und den Wettbewerb fair zu gestalten. In diesem Artikel zeigen wir, was nach dem HWG erlaubt ist, was verboten ist und welche Alternativen Hörakustiker nutzen können, um dennoch Mehrwert für ihre Kunden zu bieten.

 

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG): Worum geht es?

Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt in Deutschland die Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel. Ziel des Gesetzes ist es, Verbraucher vor unlauteren oder irreführenden Werbepraktiken zu schützen. Aus Kundenperspektive eine gute Sache, für Werbende eine Herausforderung, da nicht alle Ideen 1:1 umgesetzt werden können.

Das HWG gilt für alle Heilberufe, darunter auch die Hörakustiker, da Hörgeräte als Medizinprodukte klassifiziert werden. Ein zentrales Thema im HWG ist das grundsätzliche Verbot von „Zuwendungen“ oder „Geschenken“, die die Kaufentscheidung von Verbrauchern beeinflussen könnten. Geregelt ist dies in §7.

 

§ 7 Abs. 1 HWG (Auszug)

„Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, es sei denn, die Zuwendung oder Werbegabe ist [...] einer der Ausnahmen zuzuordnen.“

>> Hier lesen Sie den vollen Wortlaut des Gesetzes

 

Was ist laut HWG verboten?

Das HWG untersagt es Hörakustikern ausdrücklich, beim Kauf eines Hörgeräts zusätzliche Anreize in Form von Geschenken oder Vergünstigungen zu bieten, die keinen direkten Bezug zur Hörversorgung haben. Hier einige Beispiele, was konkret als unzulässig gilt:

  1. Geschenkartikel ohne Bezug zur Hörakustik : Kleine Geschenke wie Kugelschreiber, Schlüsselanhänger sind zwar erlaubt, sofern Sie als "übliches Werbegeschenk von niedrigem Wert" eingestuft werden können, Gutscheine für ein Restaurant oder die Einladung zu einem Abendessen sind nicht erlaubt. Da solche Zuwendungen keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Gesundheitsleistung haben, könnten sie die Kaufentscheidung des Kunden unzulässig beeinflussen.

  2. Cashback-Aktionen oder Bargeldprämien: Auch die Auszahlung von Bargeld oder Cashback-Aktionen beim Kauf eines Hörgeräts sind unzulässig. Das HWG sieht solche finanziellen Anreize als potenziell wettbewerbsverzerrend und unethisch an.

  3. Gutscheine für Dritte oder andere Dienstleistungen: Gutscheine für andere Dienstleistungen, zB einen Friseurbesuch oder eine Massage, sind ebenfalls nicht gestattet. Diese Art von Anreiz steht nicht im Zusammenhang mit der Hörgesundheit und wird daher vom HWG untersagt.

  4. Verlosungen und Gewinnspiele mit Produktbezug: Wenn im Rahmen einer Werbeaktion ein Hörgerät verloren geht oder ein Gewinnspiel in Verbindung mit einem Hörgerät stattfindet, ist dies ebenfalls heikel. Das HWG verbietet Gewinnspiele, die auf bestimmte medizinische Produkte abzielen, da dies die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers unzulässig beeinflussen könnte.

 

 

Was ist erlaubt?

Trotz der Einschränkungen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die Hörakustiker ergreifen können, um Mehrwert für ihre Kunden zu schaffen, ohne gegen das HWG zu verstoßen. Wichtig ist, dass diese Zuwendungen direkt mit der Hörversorgung im Zusammenhang stehen und als notwendige oder unterstützende Maßnahmen betrachtet werden. Hier einige erlaubte Möglichkeiten:

  1. Zusätzliche Serviceleistungen: Kostenlose Nachjustierungen oder Inspektionen des Hörgeräts im Rahmen der Garantiezeit sind zulässig. Diese Serviceangebote stehen im direkten Zusammenhang mit der optimalen Nutzung des Produkts und werden vom HWG nicht als unerlaubter Vorteil bewertet.

  2. Verlängerte Probezeiten: Das Anbieten einer kostenlosen Testphase über die gesetzlich vorgeschriebenen sechs Wochen hinaus kann ebenfalls ein attraktives Angebot sein. Es ist erlaubt, wenn es den Zweck verfolgt, den Kunden bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen und sicherzustellen, dass das Hörgerät optimal passt.

  3. Hörtraining oder Beratungsgespräche: Zusatzleistungen wie ein kostenloses Hörtraining oder intensive Beratungsgespräche sind ebenfalls zulässig, da sie in direktem Zusammenhang mit dem Erfolg der Hörgeräteanpassung stehen und die gesundheitliche Versorgung des Kunden unterstützen.

  4. Zubehör im Rahmen der Hörgeräteanpassung: Zubehör, das unmittelbar zur Nutzung und Pflege des Hörgeräts benötigt wird, kann kostenfrei oder vergünstigt angeboten werden. Beispiele hierfür sind Reinigungstücher, spezielle Batterien oder ein Etui für das Hörgerät. Diese Zusatzartikel haben einen funktionalen Bezug zur Hörgeräteversorgung und werden vom HWG nicht beanstandet.

  5. Informationsmaterialien und Broschüren: Auch das Verteilen von Informationsmaterial, wie Broschüren über Hörgesundheit oder die richtige Handhabung des Hörgeräts, ist erlaubt. Solche Materialien haben einen edukativen Mehrwert und dienen dazu, die Kunden über wichtige Gesundheitsfragen aufzuklären.

 

WIE KANN ICH DAS HWG UMGEHEN?

Es gibt ein klassisches Beispiel, das sehr häufig in der Praxis genutzt wird, um die Kaufmotivation hochwertiger Hörsysteme mit Akku-Technologie zu steigern. Eigentlich ist die für Akku-Hörgeräte notwendige Ladeschale ein zusätzliches Produkt, dass der Kunde separat erwerben muss. Viele Akustiker nutzen den Wert der Ladeschale als Rabatt und geben dies gratis mit dazu. Was gelebte Praxis ist, ist laut HWG nicht erlaubt. Jetzt kann man natürlich sagen: "Wo kein Kläger, da kein Richter!" aber was, wenn man genau dieses attraktive Angebot z.B. für die Gewinnung neuer Kunden oder die Reaktivierung bestehender Kunden nutzen möchte?

Die Lösung: Formulieren Sie die Zugabe als Inklusiv-Leistung!

Die Lösung: An Stelle von "Beim Kauf eines Akku-Hörgerätes schenken wir Ihnen die Ladestation im Wert von 249.- Euro" sollten Sie schrieben: "Beim Kauf eines Akku-Hörgerätes ist die Ladeschale im Wert von 249.- Euro bereits im Kaufpreis der Hörgeräte enthalten und Sie müssen diese nicht zusätzlich erwerben!" 

Auch wenn natürlich ein "Geschenk" immer mehr Anziehungskraft auf Kunden hat als eine "Inklusiv-Leistung" zeigt dieses Beispiel, wie man auch weiterhin attraktive Angebote formulieren kann, ohne gegen das HWG zu verstoßen.

 

Wichtige Hinweise zur Umsetzung der Maßnahmen

  • Deutsche Transparenz : Es ist wichtig, dass alle Leistungen, die kostenlos oder vergünstigt angeboten werden, klar deklariert und in ihren Rahmenbedingungen erläutert werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

  • Kein Druck durch Anreize: Auch erlaubte Zusatzangebote sollten stets so kommuniziert werden, dass sich Kunden in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht beeinträchtigt fühlen. Vermeiden Sie Formulierungen wie „nur für kurze Zeit“ oder „begrenzte Stückzahl“ bei Leistungen, die mit der Hörgeräteversorgung verbunden sind, da dies als unzulässige Druckausübung interpretiert werden könnte.

  • Regelmäßige Schulungen und Updates: Da sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern können, sollten Sie sich regelmäßig über aktuelle Entwicklungen informieren, um die jeweils aktuellen rechtlichen Regelungen zu kennen.

 

Fazit

Für Hörakustiker ist es entscheidend, das Heilmittelwerbegesetz zu kennen und einzuhalten, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Auch wenn das HWG den Spielraum für Werbemaßnahmen stark einschränkt, gibt es immer noch Möglichkeiten, Kunden einen echten Mehrwert zu bieten und den Service zu verbessern. Durch zusätzliche Dienstleistungen, Inklusivleistungen (siehe Beispiel) und den Fokus auf individuelle Kundenbedürfnisse kann Vertrauen aufgebaut und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden – ganz ohne verbotene Geschenke.

 

Dieser Text stellt keine Rechtsberatung dar und will diese auch nicht ersetzen. Er dient lediglich einem unverbindlichen Informationszweck. Insofern verstehen sich alle darin enthaltenen Informationen ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.